EBM Cargo
In Kürze: Im Juni bzw. August 2004 mussten die EBM Cargo GmbH & Co. KG bzw. deren Keimzelle EBM Eisenbahn-Verkehrs-Gesellschaft im Bergisch-Märkischen Raum mbH Insolvenz anmelden. Hohe Forderungen v.a. seitens DB Netz und DB Energie hatten die beiden Gesellschaften in die Knie gezwungen. Die beiden Gesellschaften können durchaus aus Wegbereiter der Bahnreform bezeichnet werden. Die EBM Cargo war zudem Mitbegründer des ersten Netzwerkes für Einzelwagen- und Wagengruppen außerhalb der Staatsbahnen. Erst 2011 konnten die Insolvenzverfahren abgeschlossen werden. 2010 fand sich ein Teil der damals Beteiligten wieder zusammen und gründeten eine „neue“ EBM Cargo.
Mit der Stellung des Insolvenzantrages beim zuständigen Amtsgericht Köln am 04.06.2004 verließ mit der EBM Cargo GmbH & Co. KG überraschenderweise eine damals durch Brancheninsider als „solide“ eingeschätzte mittelständische Privatbahn das Parkett. Gerade die doppelte Abstützung auf die beiden Standbeine „Schienengüterverkehr“ und „Bauzugverkehr“ schienen eine recht gute Krisenstandhaftigkeit zu gewährleisten. Im Frühjahr diesen Jahres geriet die Gesellschaft aber immer tiefer in finanzielle Nöte, v.a. als DB Netz und DB Energie als die größten Gläubiger des Unternehmens im Bereich des Forderungsmanagements auf einen härteren Kurs einschwenkten. Gleichzeitig überschritten Unternehmen des DB-Konzerns als größter Auftraggeber im Bauzuggeschäft nach Aussage eines EBM Cargo-Mitarbeiters vielfach Zahlungsfristen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde am 08.06.2004 Dr. Andreas Ringstmeier der Kölner Kanzlei Dr. Ringstmeier & Kollegen berufen.
Am 16.08.2004 erfolgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (74 IN 180/04) über das Vermögen der im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRA 20034 eingetragenen EBM Cargo GmbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRB 45438 eingetragene EBM Cargo Verwaltungs GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Bernd Kerstein, Wiehl, und Frank Zelinski, Köln. Am 26.08.2004 ging beim zuständigen Amtsgericht jedoch die Anzeige des Insolvenzverwalters ein, dass Masseunzulänglichkeit vorläge (§§ 208 bis 210 InsO). Die Gesellschaft wurde am 02.09.2004 durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aufgelöst.
Exkurs: Masseunzulänglichkeit liegt vor, wenn sich im Laufe des Insolvenzverfahrens herausstellt, dass nur die Verfahrenskosten gem. § 54 aus der Insolvenzmasse gedeckt werden können, nicht aber die Masseschulden nach § 55. Welche Forderungen als Masseschulden einzustufen sind, ergibt sich aus dem Gesetz. Dazu gehören die Kosten für die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse sowie die Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen (Arbeitsverträge, Mietverträge, Pachtverträge etc.), die zu Lasten der Masse erfüllt werden müssen, aber auch Ansprüche aus einem Sozialplan (§ 123 Abs.2). Die Masseunzulänglichkeit ist vom Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Sie wird anschließend öffentlich bekannt gemacht. Das Verfahren selbst wird fortgeführt. Jedoch dürfen Massegläubiger wegen einer Masseverbindlichkeit nicht mehr in die Insolvenzmasse vollstrecken (§ 210). Die Befriedigung der Massegläubiger erfolgt in der gesetzlich vorgegebenen Rangfolge des § 209. |
EBM Cargo – wer war das?
Zum 01.10.2002 hatte die in Gründung befindliche EBM Cargo alle bisher unter der Flagge der Eisenbahn-Verkehrs-Gesellschaft mbH im Bergisch-Märkischen Raum (EBM) durchgeführten Verkehre übernommen. Die EBM Cargo entstand zum 12.12.2002 durch die Umwandlung der im Februar 2002 gegründeten Zugkraft GmbH & Co. KG. Gleichzeitig wurde der Sitz der GmbH & Co. KG sowie der Verwaltungs GmbH von Kottenheim nach Gummersbach verlegt. Büroräume unterhielt die EBM Cargo jedoch ab 01.04.2003 in Overath. Neben der Durchführung von Güterverkehren war die EBM Cargo auch im Bereich der Bauzugdienste tätig.
Als persönlich haftende Gesellschafterin war zum 28.11.2002 die EBM Cargo Verwaltungs GmbH durch Umwandlung der Zugkraft Eisenbahnverkehrs Verwaltungs GmbH entstanden. Gesellschafter der Verwaltungs GmbH waren zu gleichen Teilen Werner Kallfelz, Bernd Kerstein, Karl Stuch und Frank Zelinski. Kurz vor dem Insolvenzantrag waren per Notartermin am 24.05.2004 die Gesellschafteranteile von Kallfelz und Stuch an die Sülztal Vermögensverwaltungs-GmbH übertragen worden. Diese Gesellschaft ist dem „Dunstkreis“ des EBM-Gesellschafters Hermann Haeck zuzurechnen, der im Kölner Raum zahlreiche Immobilien mit zahlreichen Gesellschaften verwaltet.
Was kam nach der Insolvenz?
Die Verkehre der EBM Cargo wurden in der Eifel (Kooperationsverkehre mit der damaligen Railion um Euskirchen) am 08.06.2004 wieder durch die damalige Railion Deutschland AG übernommen, nachdem die Vulkan-Eifel-Bahn Betriebsgesellschaft zunächst am 07.06. die Leistungen als Subunternehmer von Railion erbracht hatte. Die für die rail4chem Eisenbahnverkehrsgesellschaft mbH erbrachten Verkehre zwischen Duisburg-Rheinhausen und Rehden übernahm rail4chem vorerst wieder in Eigenregie. Alle weiteren Verkehre wurden zunächst vom Partnerunternehmen EBM weitergeführt. Die Dieselloks der EBM Cargo wurden Anfang September zur weiteren Verwertung abgefahren.
Die Loks der EBM Cargo fanden schnell Abnehmer. U.a. bedienten sich die Wettbewerber TLG (mittlerweile ebenfalls nach Insolvenz erloschen) und MWB. Die Personale wanderten größtenteils zu MWB und NbE ab, die „Werkstattabteilung“ um Tino Wolf fand in Aschaffenburg eine neue Heimat und firmiert dort als Lokservice24.de GmbH als gemeinsame Tochter von MWB und NbE. Unterhielt die MWB zunächst noch eine Niederlassung in Siegburg mit Frank Zelinski, Wolfgang Moll & Co. wurde diese jedoch aufgelöst, nachdem sich herausstellte, dass sich ein Teil der Beteiligten dort den Aufbau einer eigenen Firma beabsichtigten. Bernd Kerstein gründete zusammen mit Thomas Runow (u.a. ETB Eisenbahn-Technische Bildung GmbH) den Personaldienstleister 2K Lokdienste GmbH, der einen Teil der EBM-Personale aufnahm. Frank Zelinski war u.a. bei der HWB und RT&L tätig, ehe er sich Ende 2009 wieder mit Kerstein zusammenfand und die beiden wieder eine gemeinsame Firma gründeten (siehe unten).
Auch die EBM muss aufgeben
Wenige Wochen nach der Insolvenz des Partnerunternehmens EBM Cargo musste auch die EBM Eisenbahn-Verkehrs-Gesellschaft im Bergisch-Märkischen Raum mbH, Gummersbach, am 20.08.2004 Insolvenz beantragen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter im Verfahren 74 IN 302/04 wurde am 31.08.2004 Rechtsanwalt Dr. Henning Dohrmann aus Gummersbach bestellt.
Das 1995 als Eisenbahnverkehrsunternehmen für das Eisenbahnmuseum Dieringhausen gegründete Unternehmen befand sich im Besitz der Eisenbahnmuseum Dieringhausen gGmbH (55%) und Hermann Haeck (45%).
Nach der Insolvenz der EBM Cargo hatte die EBM zunächst einige Güterverkehrsleistungen der EBM Cargo übernommen. Im Laufe des August konnten diese in die Zuständigkeit der Mittelweserbahn GmbH (MWB) sowie der Rurtalbahn GmbH (RTB) überführt werden, so dass der EBM nur noch übergangsweise die Güterverkehre auf der „Talbahn“ verblieben.
Bei Insolvenzantrag befanden sich insgesamt vier Lokomotiven im Bestand der EBM. Neben der an die Lappwaldbahn GmbH vermieteten 202 487-5 handelte es sich dabei um 228 742-3 die an die NbE vermietete 346 970-7 sowie 105 971.
Geschichte der EBM
- 1996: nur ehrenamtliche Mitarbeiter, keine eigenen Loks, Erteilung der EVU-Konzession 30.04.96, historische Sonderzuggestellung
- 1997: nur ehrenamtliche Mitarbeiter, keine eigenen Loks, historische Sonderzuggestellung
- 1998: 2 Lokführer, 4 geringfügig Beschäftigte, 2 Lokomotiven (V60, V200), Gestellung von Bauzuglokomotiven, Überführung von Schienenfahrzeugen
- 1999: 5 Lokführer, 2 Geschäftsleitung, 8 geringfügig Beschäftigte, 0,5 Bürokräfte, 6 Lokomotiven (4 x V200, 1 x V60), Gestellung von Bauzuglokomotiven mit Personal, Überführungsfahrten, Übernahme Strecke Hagen-Haspe – Ennepetal-Altenvörde
- 2000: 10 Lokführer, 2 Geschäftsleitung, 3 Betriebsarbeiter, 8 geringfügig Beschäftigte, 0,5 Bürokräfte, 8 Lokomotiven (3 x V200, 3 x V100, 2 x V60), Bauzuggeschäft, Cargo-Verkehre, Überführungsfahrten, Erbringung Güterverkehr auf der Talbahn in Kooperation mit der DB Cargo
- 2001: 17 Lokführer, 2 Geschäftsleitung, 4 Betriebsmitarbeiter, 5 geringfügig Beschäftigte, 3 Bürokräfte, 13 Lokomotiven (2 x V200, 6 x V100, 4 x V60, 1 x V180), Bauzuggeschäft, Cargo Verkehre, Überführungsfahrten, Übernahme Infrastruktur Gerolstein – Kaisersesch, Wochenend-SPNV auf der Eifelquerbahn im Auftrag des Zweckverbandes Rheinland Pfalz Nord
- 2002: Anschaffung 4 weiterer Lokomotiven (BR 203), Einstellung weiterer Lok- und Rangierführer, Erbringung Güterverkehrsleistungen im Raum Eifel und Remscheid im Rahmen MORA C
- Im Juli 2002 wurde die Infrastruktur der Eifelquerbahn an die Vulkan-Eifel-Bahn Betriebsgesellschaft mbH übertragen, im Oktober wurde der EBM-Schienengüterverkehr sowie die Loks der BR 203 durch die EBM Cargo übernommen. Der EBM verblieben neben der EVU-Funktion für das Dieringhäuser Museum nur noch die EIU-Tätigkeit für die Talbahn sowie einige wenige Lokomotiven.
Die „neue“ EBM Cargo
Mit einem Gesellschaftsvertrag vom 29.01.2010 wurde die Eisenbahnbetriebsgesellschaft Mittelrhein mbH (EBM Cargo) mit Sitz in Gummersbach gegründet. Interessanterweise übernahm man von der „alten“ EBM Cargo neben dem Namensbestandteil auch das Logo. Geschäftsführer ist Thomas Kaiser (26), ebenfalls bei BSM GmbH in Mannheim für Vertrieb und Disposition zuständig und Vorstand eines Museumsbahnvereines. Neben Kaiser (33,33 %) halten auch Bernd Kerstein (33,33 %) und Frank Zelinski (33,33 %) Gesellschafteranteile am Unternehmen. Die beiden Letztgenannten waren bereits bei der „alten“ EBM Cargo als Geschäftsführer tätig. Seit Februar 2011 besitzt das Unternehmen eine Niederlassung West nahe des Kölner Hauptbahnhofes. Mit Stand Dezember 2011 verfügte das Unternehmen über zwei V 100 und eine V 160 und verdingte sich im bundesweiten Bauzugverkehr. Interessanterweise war die ehemalige 202 330 einige Jahre bereits bei der Vorgängergesellschaft im Einsatz gewesen.